Kapitel 1: Der ideale Körper
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Der „ideale Körper“, symmetrisch und von der Gesellschaft als schön angesehen, ist eine Fantasie. Und so sehr dieses Ideal zu inspirieren vermag, so sehr schadet es auch und kann zu Stigmatisierung, Verzweiflung und Selbstzerstörung führen. Denn wer kann ihm schon gerecht werden?
Die Vorstellung eines idealen Körpers ist uns seit dem Altertum überliefert. Gleichzeitig mit der Verbreitung dieses Ideals wurden im antiken Griechenland diejenigen stigmatisiert, deren Körper ihm nicht entsprachen. Diese Ausgegrenzten werden in der Geschichte nur selten repräsentiert. Entsprechend ist wenig darüber bekannt, wie ihr Leben tatsächlich aussah.
Zuweilen findet sich aber auch eine symbolische Überhöhung körperlicher Behinderungen. So steht zum Beispiel die Blindheit in antiken griechischen Mythen für die Gabe der Prophezeiung und für tieferes Wissen – etwa bei dem Seher Tiresias in der Geschichte des Ödipus.
Und auch in nicht-westlichen Kulturen sind Metaphern und Charaktere wie blinde Propheten verbreitet. Die „biwa hōshi“, die blinden Priestersänger, die im alten Japan umherzogen, waren maßgeblich an der Entwicklung der modernen japanischen Sprache beteiligt. Gleichzeitig aber wurden sie mit anderen blinden Menschen in eine eigene Kaste verbannt.
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